Starke Eigenmarken helfen, neue Vertriebskanäle zu erschließen

TRADE MARKETEERS in der Lebensmittelzeitung vom 28.04.2017

Herr Brügggemann, Amazon entdeckt Eigenmarken immer stärker für sich. Worin liegt der strategische Mehrwert, Snack-Produkte oder Babynahrung für Prime-Kunden anzubieten?
FMCG-Eigenmarken sind für Amazon sehr sinnvoll. Die häufige Kontaktmöglichkeit bei Schnelldrehern des Lebensmittelsortiments wird rasch zu einer hohen Kundenakzeptanz und damit zu Wiederkäufen führen. Die damit erreichten Markenkontakte werden zu einer Kundenbindung führen, die über Systeme wie Amazon Echo oder den Dash-Button hohe Wiederkaufquoten erzielen können.

Am Beispiel Mode zeigt sich, dass Amazon auch eigene Marken nutzt, um eine Kategorie zu erschließen, die der Händler bislang nicht optimal ausgeschöpft hat. Ist das ein tauglicher Versuch, der auch für andere Händler interessant sein könnte?
Das Eigenmarkengeschäft ist in der dann Regel erfolgreich, wenn ich auch die übrigen Preiskategorien, also A-Marke und Preiseinstieg, perfekt beherrsche und die entsprechende Kompetenz für den Kunden erlebbar mache. Defizite in Sortiment und Marketing können dabei kaum durch Eigenmarken kaschiert werden. Der Kunde benötigt Entscheidungsvarianten im Hinblick auf Marke und Preis.

Die Online-Geschäfte deutscher Händler wie Rewe wachsen. Werden wir irgendwann ,Online only’-Eigenmarken stationärer Händler sehen – und ist das überhaupt ratsam?
Aus meiner Sicht besteht aktuell die Chance, die Stärken aus online und offline zu verknüpfen. Greifen wir das Rewe-Beispiel auf bedeutet dies, dass z.B. die ursprünglich reine Online-Marke Zoo Royal nach und nach mehr Präsenz auf den stationären Flächen der Rewe bekommt. Dies ist zurzeit in den klassischen Werbekanälen zu beobachten. Eine Rewe-Eigenmarke im Tiernahrungssortiment unter diesem Label – auch für die stationären Regale – wäre da ein logischer und fast zwingender Schritt und befruchtet gleichzeitig das Online- wie das Offline-Geschäft.

In einigen Branchen wie Tierbedarf wird der Online-Wettbewerb massiv über die Preise für Markenware ausgetragen. Bieten starke Eigenmarken da auch die Chance, die eigene Marge zu sichern und dem Preiskampf im Netz ein Stück weit zu entrinnen?
Eigenmarken haben aus dieser Perspektive gleich mehrere Funktionen – dazu gehört sicherlich die Marge. Dies ist aber nur ein Teilaspekt. Mit starken Eigenmarken verhindert der Händler nicht nur die Preisvergleichbarkeit im Wettbewerb. Mit den richtigen Marketinginstrumenten generiert er darüber hinaus eine starke Kundenbindung, die langfristig gesehen noch mehr Wert als der kurzfristige Blick auf die Marge ist.

Online-Händler wie Zalando oder Windeln.de haben Eigenmarken entwickelt, die sich mittlerweile auch bei anderen, stationären Händlern finden. Wird der Austausch zwischen On- und Offline-Händlern in dieser Hinsicht reger?
Das ist zu hoffen und für beide Parteien auch ratsam. Die Suche nach Sortimentsprofilierung und damit Abgrenzung vom Wettbewerb bekommt gerade durch das Zusammenwachsen von Online- und Offline-Kanälen eine neue Bedeutung. Starke Eigenmarken taugen dann auch dazu, neue Vertriebskanäle jenseits der eigenen zu erschließen. jh/lz 17-17

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Starke Eigenmarken helfen, neue Vertriebskanäle zu erschließen – Lebensmittelzeitung 28.04.2017